Montag, 8. Februar 2021

Angst in der Nacht - Sicherheitsfragen

Alpenüberquerung

Donnerstag, 03.08.2017


Es ist mitten in der Nacht. Ein Geräusch, das in meinem bald 50 Jahre alten Hirn-Speicher nicht angelegt ist, schreckt mich aus der Tiefschlafphase hoch. Ein Bär!

Ich bin irgendwo im Niedertal zwischen dem Bergsteigerdorf Vent und der Martin Busch Hütte und schlafe in meinem Zelt.

Ich habe nachts, draußen in der Wildnis der Alpen, eigentlich keine Angst vor irgendeinem Getier. Ich stehe doch als Mensch an der Spitze der Nahrungspyramide!

Auch keine Angst vor Bären. Ein anständiger Bär hat mehr Angst vor mir als umgekehrt, sagt man. Wer ist "man"? Jedenfalls ist da draußen vor meinem Zelt etwas Großes am Werk. Und das "Ding" ist verdammt nah. Ein Bär, der meinen Vorrat an Beef Jerky aus meinem Rucksack riecht. Und haben will. Sch...

Angriff ist die beste Verteidigung, das ist meine Devise. Also aus der Penntüte (Schlafsack...) schlüpfen und den schrecklichen Hulk rauslassen. Mit wildem Grölen das Untier verscheuchen! Denkste. Als wäre ich als Protagonist in einem Comic gefangen. Ich lache über mich selber, weil sich irgendwas an meinem Schlafsackreißverschluss verhakt hat, und ich ihn nicht öffnen kann. Nicht einmal die Arme bekomme ich raus! In dieser absolut akuten Notlage bin ich bis zum Hals gefesselt in meinem Schlafsack! Ich kann's nicht glauben. Und draußen macht sich "das Große" unmissverständlich bemerkbar. Irrtum ausgeschlossen. Und ich... eine gefangene Schlafsack-Mumie!

Zipp! Ich bin frei. Das Irgendwas, das meinen Schlafsack-Reißverschluss verklemmt hatte, ist auf einmal nicht mehr da. Ich bin frei. Ich pelle mich aus der Nachthülle. Jetzt noch die Zeltapsis aufmachen und dann todesmutig dem Feind die Stirn bieten! Aber sowas von! Ich bin bereit zum Gegenangriff!

Doch Comic-Kapitel 2 schlägt zu. Jetzt klemmt der Reißverschluss des Zeltes. Lange Grashalme hindern das Vorankommen des kleinen Zippers, der die Apsis öffnen würde. Zum zweiten Mal in dieser Nacht bin ich gefangen. Gut, dass mich keiner sieht. Das grenzt nicht an Comedy, das ist Comedy! Und ich bin mittendrin! Das Wortspiel vom "falschen Film" bekommt eine völlig neue Bedeutung.

Dann endlich bin ich befreit, schlage die Seitenwand meines Zeltes über dessen First zurück und blicke hinaus in die glasklare, kalte Bergnacht. Licht an! Anders als die diversen Reißverschlüsse springt meine Stirnlampe sofort an und taucht das Nachtschwarz vor meinem Zelt in einen hellen Lichtkegel, den 300 Lumen meiner Petzl Tikka sei Dank. Da steht der Bär und blickt geblendet in meine Hochleistungsstirnlampe. Der Bär ist ein friedlicher Haflinger...

Hast Du Dir schon einmal Gedanken über Deine Sicherheit beim Übernachten unter freiem Himmel gemacht? Ich halte mich an diese Vorgehensweise:

1. Suche Dir einen Übernachtungsplatz, an dem Dich niemand findet. Du nächtigst also "versteckt", nicht irgendwo auf dem Präsentierteller.

2. Vor Tieren habe ich eigentliche keine Angst, Bären ausgenommen. Schlimm sind jedoch (wilde) Hunde in Ländern des südlichen Europas. Ich bin leider schon mehrmals gebissen worden, ohne zu wissen irgendwas falsch gemacht zu haben. Deshalb bewaffne ich mich gegen Hunde. Ich setze dabei auf Pfeffer. Wo legal, mit einer Schreckschusswaffe. Den "Kleinen Waffenschein" habe ich (Den Großen übrigens auch in Form meiner WBK. Ich bin Jagdscheininhaber.) Pfeffermunition ist CS-Munition (Tränengas) vorzuziehen. Pfeffer ist thermisch (gegen Kälte) unempfindlich und wirkt ohne Verzögerung mannstoppend. Das bringt niemanden um und ist der große Vorteil von Schreckschussmunition. 9 mm Parabellum (Luger) dagegen wären undiskutierbar tödlich für jedes Objekt vor der Laufmündung. Ein weiteres großes Plus der Selbstverteidigungsmethode mittels Schreckschusswaffe sehe ich auch im "Knalleffekt". Ob ich das angreifende Tier mit der Pfefferwolke treffe oder nicht - egal. Der Knall wird es sicher in die Flucht schlagen.

Nebenbei bemerkt, was gegen böse Tiere wirkt, das wirkt auch gegen böse Menschen, Notwehrsituation vorausgesetzt.

Zusätzlich zur "Knarre", ich arbeite mit einer türkischen Zoraki M 906, das meiner Meinung nach qualitativ Hochwertigste in Sachen Schreckschusswaffe, das es auf dem deutschen Markt momentan zu kaufen gibt, führe ich einen "Trichter" und sechs Schuss Leuchtmunition mit. Sechs Schuss deshalb, weil die Magazinkapazität der Zoraki M 906 sechs Schuss sind. Der Trichter wird in den Lauf geschraubt und dient dort als Aufnahme für "Feuerwerksmunition". Damit kann ich im Notfall auf mich aufmerksam machen.

3. Wenn Dir Menschen des nächtens outdoor Böses wollen hast Du schlechte Karten. Ersten schläfst Du und wirst wohl im Schlaf überrumpelt und andererseits ist Dein Angreifer genauso schlau wie Du und nicht wie ein Tier durch einen simplen Schreckschuss abzuwimmeln. Um so mehr greift mein Tipp #1! Wenn Du "unsichtbar" bist, wird Dir niemand ans Leder wollen. Ans Leder will Dir sowieso niemand, bei Angriffen musst Du mit Eigentumsdelikten rechnen, nicht mit Mord und Totschlag. Hoffe ich... Die beste Möglichkeit sich gegen Diebstahl zu sichern ist nichts Wertvolles dabei zu haben. Deinen Bargeldvorrat hast Du gesplittet: Das Geld für alltägliche Ausgaben (50 -100€) in einem kleinen, schnell greifbaren Geldbeutel, eine Bargeldreserve gut versteckt und wasserdicht eingetütet in den unzugänglichen Tiefen Deines Rucksacks und eine dritte Bargeldration irgendwo im Nirgendwo Deines Rucksacks oder in einer Tasche Deiner Kleidung.

4. In Ländern, wo meine Schreckschusswaffe illegal wäre, halte ich mich an Pfefferspray. Auch hier gebe ich dem Pfefferwirkstoff (Capsaicin) dem Tränengas (CS-Gas) den Vorzug. Die Reichweite reduziert sich im Vergleich zur Schreckschusswaffe von 4 auf 2 Meter, einen Knalleffekt gibt es nicht. Nachteile - sicher, aber immer noch besser als einem Angreifer "nackt" gegenüber zu stehen.

5. Es gibt auch Reiseländer, in denen nicht nur Schreckschusswaffen, sondern auch Pfefferspray zur Selbstverteidigung gegen Tiere verboten ist. Portugal ist so ein Land. Nachdem meine Frau und ich schon mehrmals daheim in Deutschland von Hunden gebissen worden sind, folgten wir sehr aufmerksam dem Rat einer Fernwander-Kollegin, die uns gesagt hatte, "Nehmt unbedingt einen Stock nach Portugal mit, um euch gegen freilaufende Hunde zu verteidigen!" Sie sollte Recht behalten. Dem Köter auf einem abgelegenen Bauernhof im Nirgendwo der Rota Vicentina im Südwesten Portugals war nur durch den beherzten Einsatz meines Wanderstocks beizukommen. Das unangeleinte Tier war bellend aus dem Anwesen gestürmt und störte sich an der Tatsache, dass Michaela und ich auf der Straße davor vorbei wanderten. Trotz aller Tierliebe hilft hier nur ein satter Schlag mit dem Stock auf die 12 des Viechs! Ansonsten zahlst Du drauf. Die mechanische Bissverletzung ist dabei wohl das geringere Übel. Viel schlimmer sind die Auswirkungen des Bakteriencocktails, der mit dem Tierbiss in Deinen Körper gelangt. Glaube mir, ich weiß wovon ich spreche. Ein auf den ersten Blick harmloser Katzenbiss in den Finger ließ die Ärzte im Unfallklinikum Murnau seinerzeit an Amputation des Fingers denken...

Keine Sorge! Dieser Post ist kein Aufruf zur Selbstbewaffnung! Und sowieso politisch völlig unmotiviert! Er deckt lediglich das Thema "Selbstsicherheit" auf Wanderschaft ab. Dass auf dem "Camino" (Jakobsweg) alles geklaut wird, was nicht niet- und nagelfest ist, das ist inzwischen bekannt. Einst unter dem Deckmantel der "Gemeinschaft der Pilger" als sicher anzusehende Unterkünfte werden leider immer mehr genau das Gegenteil davon, nämlich das El Dorado für Taschendiebe - im besten Fall. Solche Halunken werden immer mehr und immer dreister. Sei darauf vorbereitet! Rosarot wird es nicht geben, wo Schwarz und Grau ihre Hand darauf legen. Sei in erster Linie wachsam! Damit lässt sich das meiste Übel abwenden bzw. von Grund auf vermeiden. Wenn Du im Fall eines Überfalls meinst stark sein zu können, dann tu' dies ohne Vorbehalt. Unter dem Schirm der Notwehr ist Dir alles erlaubt, um Dich und Dein Hab und Gut zu schützen. Nur zieh' Deine Aktion dann 100%ig durch. Wenn Du Dich entscheidest in den Gegenangriff zu gehen, dann bitte ohne Kompromisse! Fasse Dir ein Herz und zeige Deinem Gegenüber mit allen gebotenen Mitteln, dass Du mit dessen Vorhaben nicht einverstanden bist. Du darfst Dich wehren!

Frauen haben's da schwerer. Erstens sind sie von der Biologie her Männern gegenüber kräftemäßig unterlegen und sind auf Wanderschaft nicht nur Wertsachenträgerinnen, sondern auch Sexobjekte. Mädels! Wenn's drauf ankommt, wehrt euch mit allem was ihr habt. Oftmals wurden Schlechtmenschen bereits im Ansatz durch beherzte Gegenwehr von ihrem Vorhaben abgebracht. Ein Schuss aus der Schreckschusspistole ist  die erste Maßnahme, ein Tritt in die Erbfolge des Angreifers die zweite, und dann lauft, was das Zeug hält! Die beste Möglichkeit einem Angriff aus dem Weg zu gehen ist die, sich ihm zu entziehen.

Möge das alles, was ich in diesem Blog schrieb, niemals Wirklichkeit für euch werden. Andreas P. Kaiser - reisender Mensch, 51 Jahre alt, meine Angriffsliste:

- 1 bewaffneter Raubüberfall (1973 Neapel, Italien), Oma mit Messer am Hals als Geißel.

- 1 Einbruch in meinen Camping-Van (1995 Pisa, Italien), Kamera von Reisekameraden gestohlen. Dreiecks-Seitenfenster kaputt, VW-Bully blutverschmiert. Der Einbrecher hatte sich beim Zerschlagen der Autoscheibe selbst verletzt.

- 1 aggressiver Steinewerfer (Kind) in Tunesien (1998)

- 1 Eigentumsdelikt (Diebstahl) in Tunesien (1998)

- 3 Angriffe durch Jugendliche und Kinder in Marokko (1999) innerhalb einer Woche - u. a. Windschutzscheibe durch Steinewerfer eingeschlagen.

- 1 Betrüger-Abzocke (50 €) im Hafen Genua (2010)

... seit 2010 bin ich deutlich wachsamer und auch bewaffnet. Folge: Kein weiterer Angriff mehr.

8 Angriffe in wenigen Jahren! Es gibt scheinbar jede Menge böser Menschen.

Zeigt denen, wo's lang geht!

Stay tuned, Euer Andy!

#Sicherheit #Überleben #Waffe #Zoraki #9mm #Pfefferspray #Hund #Stock

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